Sehr gut, dass die schöne alte Frau auch das erwähnt: diese Tendenz im Journalismus, verstärkt durch ökonomisch herbeigeführte Atemlosigkeit in den Redaktionen – die Arbeitsweise bis hin zur Wortwahl in der Nachrichtenmeldung ist letztendlich eine Sache des Rückgrats der Redakteure. Das zu brechen, durch interne Arbeitszwänge und eine Strukturanpassung nach der anderen, war Sinn und Zweck von Umstrukturierungen (Entlassungen, unerträglichen Arbeitsbelastungen), der teuren Unternehmensberatung (neoliberale Indoktrination), der schönen neuen Newsredaktionen (unterhaltsame Endlosschleifen statt nutzbarer Informationen), mit der sich die ARD ab den 90gern schmückte.
Die Ökonomisierung des Journalismus in den öffentlich rechtlichen Anstalten, die mit Macht noch im alten Jahrhundert vorbereitet und im neuen Stück für Stück installiert wurde, bringt jetzt diese paradoxe Situation hervor, dass die alten Hasen die einzigen sind, die noch Ostereier finden. Eigentlich sollte es doch so sein, dass die jungen Kollegen Mief, Bequemlichkeit und Arschkriecherei aus den Redaktionen kehren. Aber die sind schon auf die EMS gegangen, wo Journalismus im Trend mehrheitlich als E-Business, als erste rückgratlose Kampfsportart gelehrt wird.
Wollen wir nicht ungerecht sein. FOKUS (Wirtschaft und Gesellschaft) und BILD (Politik in Gesellschaft) gehörten auch nach Meinung des ehemaligen Inforadio-Chefredakteurs, Reinhard Holzhey, zur unabdingbaren Lektüre fürs Tagesgeschäft. War die personelle Zusammensetzung im Pavillon am Theo ungünstig, kamen die Themen aus der BILD, die Interviews waren eine Aneinanderreihung von blöden Fragen und sehr schlecht gespielter „investigativer Empörung“, intellektuell zum Kotzen. Und noch aus dem Erbrochenen lassen sich abgestandene Newsformate destillieren, wie die Sendung „Zwölfzweiundzwanzig“ im rbb-Inforadio regelmäßig beweist.
Ja, der Journalismus in der ARD ist erbärmlich schlecht. Und bei der nächsten Gelegenheit werden sich die richtigen institutionellen Arschgesichter finden, die die ö.r. Totenglocke läuten. Einstweilen investiert die Anstalt aber noch in Ästhetik und abermalige Beschleunigung – Angebertechnologie, Angeberinvestitionen – Haben oder Sein: „Eine 18 Meter breite Medienwand, sieben Beamer, zwei Moderatorentische: Ab Samstag kommt die „Tagesschau“ aus einem neuen, 23,8 Millionen Euro teuren Studio – der Probebetrieb war grandios gescheitert,“ meldet der ehemals investigative „Spiegel“. Warum gibt es keinen internen Aufstand gegen diesen großkotzigen Mist, während sich gleichzeitig durch personelle Ausdünnung das journalistische Niveau der ARD in zahlreichen neuen Formaten aber eben auch im s.g. Kerngeschäft an Super RTL orientiert? Seit Ihr damit einverstanden Kollegen, könnt Ihr damit leben, wie man so sagt?