„Grundrechtseinschränkungen in einem Ausmaß wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“

Kneipen- und Geschäftsschließungen, angeordnetes Homeoffice, die Verlangsamung der ganzen Gesellschaft – das mögen Maßnahmen sein, die aus gesundheitspolitischer Sicht gegenwärtig notwendig sind. Nur darf eine freie Gesellschaft ihr Schicksal weder in die Hände vermeintlich neutraler Experten legen noch blindes Vertrauen in die Regierung haben, diese werde es schon gut mit ihr meinen.

Denn dass all diese Entwicklungen nicht geplant waren, bedeutet nicht, dass die Herrschenden nicht sehr wohl ihre Lehren daraus ziehen. Im Kampf gegen das Virus sind militärische Vokabeln üblich geworden, faktisch herrscht der »Verteidigungsfall«. So weit entfernt vom »Burgfrieden« 1914 sind wir nicht. Die Herrschenden sehen, dass eine schwere Verunsicherung der Bevölkerung einen weitgehenden gesellschaftlichen Konsens für diktatorische Maßnahmen schafft.

Kommentar von Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag, in der Tageszeitung Junge Welt vom 19.03.2020